Individualverkehr

Vom Traum mobiler Unschuld

Von Frank Wagner · 2022

Wie kann er aussehen, der ideale Pfad in eine bessere mobile Zukunft? Nicht alle Ideen sind auch umsetzbar und leider nicht alle Innovationen rentabel. Der Wunsch der meisten Menschen ist ein möglichst mobiles Leben in einer nachhaltig gesunden Umwelt. Dafür auch entsprechend konsequent zu handeln fällt aber oft schwer.

Vor einer Holzwand ist ein Auto, das aus Pflanzen besteht.
E-Mobilität wird die Verkehrswende weiterhin prägen. Foto: iStock / Petmal

Zu einer positiven Zukunftsvision gehören lebendige Orte und Metropolen, in denen die Menschen jederzeit ideale Verbindungen und bequeme, schnelle Verkehrsmittel nutzen können. Der Fantasie sind erfreulicherweise keine Grenzen gesetzt, und so manche Science-Fiction-Idee hat schon echte Innovationen beflügelt. Tatsächlich tüfteln Forschende diverser Disziplinen daran, was denkbar, aber vielleicht erst in der Zukunft umsetzbar ist. Etwa in Studiengängen für nachhaltige Verkehrs- und Stadtplanung oder Urbanistik. Gerade die nachhaltige Städte- und Mobilitätsplanung gewinnt zunehmend an Bedeutung, denn im Jahr 2050 werden voraussichtlich 75 Prozent aller Menschen in Städten leben.

Individualverkehr: Radfahren, ÖPNV und Sharing

„Mehr Rad fahren“ ist oft die erste Idee, wenn es um bessere Mobilitätskonzepte geht. Die ökologischen, finanziellen sowie gesundheitlichen Vorteile vermehrten Radelns liegen freilich auf der Hand. Angesichts vielerorts immer noch mangelhafter oder gar fehlender Radwege ist das Biken aber leider nicht überall zu empfehlen, manchmal sogar recht gefährlich. Hier haben viele Gemeinden noch ihre Hausaufgaben zu machen. Eines der wichtigsten Standbeine nachhaltiger Mobilität bleibt hingegen ein attraktives, gut funktionierendes ÖPNV-Angebot. Hier gibt es viele innovative Entwicklungen, aber nicht selten auch Nachholbedarf, denn längst nicht in jeder Stadt oder Region läuft es optimal. 

Einen effizienten Beitrag für eine nachhaltigere Mobilität könnten langfristig betrachtet auch Sharing-Konzepte leisten. Vom Leihwagen für kürzere, aber auch längere Strecken, über E-Roller oder E-Bikes verschiedener Leistungsfähigkeit bis hin zum normalen Leihrad gibt es vielerorts immer mehr Angebote. Sie sind oft eine lohnende Option für die berühmte letzte Meile bis zum nächsten U-, S- oder Regionalbahnhof. Für manch eine oder einen mag die Kombination verschiedener Sharing-Angebote sogar eine grundsätzliche Alternative zum Besitz eines Autos sein.

Bestandsaufnahme

Die meisten Deutschen fahren jedoch nach wie vor mit dem eigenen Wagen: Anfang 2021 hatten 77 Prozent der privaten Haushalte mindestens einen Pkw, 25 Prozent sogar zwei oder mehr. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes wurden 2020 mehr als fünfmal so viele Personen im motorisierten Individualverkehr transportiert als mit Bus und Bahn. Dabei waren nur 1,2 Prozent der insgesamt zugelassenen Pkws Elektroautos. Perspektivisch aber wächst der Anteil der Fahrzeuge mit alternativen Antrieben. Bei den 2021 neu zugelassenen Pkws mit ausschließlich elektrischer Energiequelle (Battery Electric Vehicles – BEV) hatte sich laut Kraftfahrt-Bundesamt der Anteil gegenüber dem Vorjahr mit 13,6 Prozent mehr als verdoppelt.

E-Auto bleibt zentral

Der private Pkw wird zumindest in den kommenden Jahrzehnten die Nummer eins auf den Straßen bleiben. Dies gilt nicht nur in ländlichen Gebieten, in denen es oft kaum Alternativen gibt, sondern auch für die Städte. Immerhin soll es laut EU-Beschluss ab 2035 nur noch nachhaltige Fahrzeuge geben. Da attraktive Alternativen bislang fehlen oder – wie etwa der Wasserstoffmotor – zu unrentabel sind, wird der Elektromotor vermutlich noch weiter an Bedeutung gewinnen. Denn auch immer mehr Fahrräder, Roller sowie Fahrzeuge des Mietverkehrs und des ÖPNV werden elektrisch fahren. Trotz anderer wertvoller Ansätze bleibt eine Mobilitätswende ohne Elektromotor unrealistisch.

Preisvergleiche

Nach aktuellen Berechnungen des ADAC kann sich der Umstieg auf einen Stromer auch finanziell lohnen. Denn im Vergleich zum herkömmlichen Auto sind auch die Betriebs- und Wartungsaufwände insgesamt geringer, zusätzlich ist der Wertverlust meist niedriger als beim Verbrenner. Theoretisch sind derzeit noch Förderungen von bis zu 9.000 Euro möglich. Allerdings sollten sich Autokaufende oder Leasingnehmende sehr genau informieren, welche Zuschüsse für welches Modell und welchen Zulassungstermin möglich sind. Achtung: Manche Förderanteile laufen bereits Ende 2022 aus. Aktuelle Infos gibt es zum Beispiel über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) oder die Automobilclubs.

Problem Ladenetz-Ausbau

Die Reichweiten der Elektroautos werden ebenfalls immer größer, variieren aber je nach Wagentyp auch sehr. Nach einem Test des ADAC liegen sie derzeit pro Ladung etwa zwischen 100 und 610 Kilometern, je nach Modell. Beim Ladesäulen-Netz gibt es leider nach wie vor Optimierungsbedarf. Vor allem außerhalb der Ballungsräume kann das zum Problem werden, wenn nicht die Möglichkeit besteht, etwa über eine hauseigene Wallbox zu laden. Nach einer aktuellen Auswertung des Verbands der Automobilindustrie (VDA) auf Basis von Daten der Bundesnetzagentur haben mehr als die Hälfte aller 10.796 deutschen Gemeinden keinen öffentlichen Ladepunkt. Die Ausbaugeschwindigkeit müsste also versechsfacht werden, um 2030 das staatlich angestrebte Millionenziel zu erreichen.

Ausblick und Appell

Auf dem Weg zu einer wünschenswerten Mobilität der Zukunft müssen noch viele anstrengende Meilen zurückgelegt werden. Vielleicht bringen hier und da noch fundamentale neue Erfindungen ungeahnten Fortschritt. Doch neben der Verbesserung der Infrastruktur, intelligenten Sharing-Konzepten, digitaler Verkehrssteuerung sowie nachhaltiger Nutzung grüner Energien wird ein anderer Punkt immer wichtiger werden: Jeder einzelne Verkehrsteilnehmer muss sein bisheriges Verhalten überdenken, vielleicht lieb gewordene Gewohnheiten verändern, Komfortzonen verlassen und damit erst echte Veränderungen ermöglichen. Denn in letzter Konsequenz können auch Regierungen, Städte und Unternehmen nur so innovativ handeln, wie es von den Menschen auch mitgetragen wird.

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