Geschichte der Elektromobilität

Strom statt Benzin

Von Hartmut Schumacher · 2023

Elektroautos haben unbestritten etliche Vorzüge. Es gibt aber noch einige Hindernisse zu überwinden, bevor sie einen kompletten Ersatz für Verbrennerfahrzeuge darstellen können.

Lade-Parkplätze für E-Autos aus der Vogelperspektive
E-Autos an der Ladesäule: Bislang existieren erst knapp 100.000 Ladepunkte in Deutschland. Foto: iStock / Teamjackson

Der große Vorteil von Elektroautos besteht darin, dass sie kein Benzin verbrennen – und damit auch keine Schadstoffe ausstoßen. Das ist keine Belanglosigkeit: Immerhin 19 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland stammen aus dem Straßenverkehr, und das sind stolze 142 Millionen Tonnen CO2. Das bedeutet allerdings nicht, dass diese 142 Tonnen plötzlich verschwinden, wenn wir alle schlagartig auf Elektroautos umsteigen. Denn erstens stammt der Strom, mit dem die Akkus von Elektroautos aufgeladen werden, derzeit noch zu etwa 51 Prozent von fossilen Brennstoffen. Und zweitens entstehen beim Herstellen von Elektroautos deutlich mehr Schadstoffe als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Dennoch: Laut dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) stößt ein Elektroauto der Kompaktklasse in seinem gesamten Leben etwa 30 Prozent weniger Klimagase aus als ein Benziner.

Aber selbst wenn der Umweltaspekt außer Acht gelassen wird, sind Elektroautos im Vergleich zu Verbrennern auf Dauer die sinnvollere Alternative. Denn schon in etwa 50 Jahren werden wir voraussichtlich kein Erdöl mehr zum Herstellen von Benzin haben, wenn vom jährlichen Verbrauch und der Menge der aktuell bekannten Vorräte ausgegangen wird.

Comeback nach 100 Jahren: Geschichte der Elektromobilität

Die erste Blütezeit der Elektroautos dauerte von etwa 1890 bis 1920: Am Anfang des 20. Jahrhunderts wurden 40 Prozent der Autos in den USA von Dampf angetrieben, 38 Prozent von Elektrizität und 22 Prozent von Benzin. Ab etwa 1910 begann jedoch der Niedergang der Elektroautos – und der für lange Zeit unaufhaltsame Aufstieg der Verbrennerfahrzeuge. Diese profitierten von höheren Geschwindigkeiten, größeren Reichweiten und von der Verfügbarkeit preiswerten Benzins.

In diesem Jahr beschloss das EU-Parlament angesichts des Klimawandels, dass ab 2035 in der EU nur noch Neuwagen verkauft werden dürfen, die keine Treibhausgase ausstoßen. Erlaubt sind also nur noch E-Autos oder Fahrzeuge, die mit synthetisch hergestellten Kraftstoffen betankt werden.

2013 waren in Deutschland etwa 7.000 Elektroautos zugelassen. 2023 sind es bereits 1,2 Millionen. Das entspricht knapp 2,5 Prozent aller Autos in Deutschland. Die Absicht der Bundesregierung ist es, bis zum Jahr 2030 auf 15 Millionen Elektroautos auf unseren Straßen zu kommen. Schätzungen von unabhängigen Experten zufolge wird sich die Zahl jedoch eher auf nur elf Millionen belaufen.

Verbesserte Batterien

Die Reichweite von aktuellen Elektroautos beträgt laut ADAC zwischen 150 und 610 Kilometer und ist stark abhängig vom Kaufpreis. Meldungen über neue Wunderakkus mit größerer Kapazität und kürzerer Ladedauer gibt es viele. Oft geht es dabei aber um Entwicklungen in einem frühen Stadium. Tatsächlich bereits spruchreif sind neue Akkus unter anderem von BMW, von CATL und von Toyota. Die Shenxing-Akkus des chinesischen Herstellers CATL beispielsweise lassen sich innerhalb von nur zehn Minuten für eine Reichweite von 400 Kilometern aufladen – und sollen bereits 2024 serienmäßig in Autos zum Einsatz kommen.

Ladeinfrastruktur mit Lücken

Laut den Plänen der Bundesregierung soll es in Deutschland bis zum Jahr 2030 eine Million öffentlicher Ladepunkte geben. Allerdings ist die gegenwärtige Ausbaugeschwindigkeit für dieses Ziel viel zu niedrig: Bislang existieren erst knapp 100.000 solcher Ladepunkte.

Wichtiger als die reine Zahl der Ladepunkte ist laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft jedoch deren Ladeleistung. Und die habe sich seit 2019 verdreifacht. So seien demzufolge in Deutschland derzeit sogar über 20 Prozent mehr Ladeleistung installiert als von der entsprechenden EU-Verordnung gefordert.

Von größerer Bedeutung sind indessen die nicht öffentlichen Ladestationen. Denn etwa 85 Prozent aller Ladevorgänge finden am Wohnort oder am Arbeitsplatz statt, berichtet die Organisation „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“, die die Bundesregierung berät. Mehrfamilienhäuser sind in dieser Hinsicht aber noch schlecht aufgestellt: Nur elf Prozent verfügen einer Studie der „Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur“ zufolge über zumindest eine Steckdose zum Aufladen. Im Jahr 2030 wird jedoch voraussichtlich an immerhin etwa 61 Prozent der privaten Stellplätze ein Ladepunkt zur Verfügung stehen.

Genügend Strom?

Die Strommenge, die für den flächendeckenden Einsatz von Elektrofahrzeugen nötig ist, wird oft überschätzt. Nach Berechnungen des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI stiege der Strombedarf um nur etwa 20 Prozent an, wenn alle 49 Millionen Pkws in Deutschland Elektroautos wären. Bei den prognostizierten elf Millionen E-Fahrzeugen im Jahr 2030 wären es nur etwa fünf Prozent. Diese zusätzlichen Strommengen stellen laut dem Energieunternehmen Vattenfall „keine Herausforderung“ dar.

Allerdings können kritische Belastungsspitzen im Stromnetz entstehen, wenn ein Großteil der Elektrofahrzeuge gleichzeitig seine Batterien auflädt. Laut diversen Feldversuchen lässt sich dies jedoch in den Griff bekommen. Dazu sind Investitionen in intelligente Netzmanagement- und Speichertechnologien nötig, die in der Lage sind, zeitliche Netzbelastungen auszugleichen. Im Klartext bedeutet dies, dass nötigenfalls die Ladeleistung für Elektroautos gedrosselt wird, sodass das Laden zwar etwas länger dauert, die Batterien aber dennoch am Morgen vollständig gefüllt sind.

Grafik: 4 Mobilitätsfakten

Preiswerte Energie von der Sonne

Photovoltaik spielt eine große Rolle für die E-Mobilität. Das liegt erstens daran, dass Sonnenenergie nach Windenergie der zweitgrößte Lieferant Erneuerbarer für den Strommix ist, mit dem wir derzeit in Deutschland die Batterien der Elektroautos laden. Zweitens stellen private PV-Anlagen die preiswerteste Möglichkeit dar, diese Batterien mit Strom zu versorgen. Nicht überraschend also, dass E-Auto-Fahrer ein überdurchschnittlich großes Interesse an derartigen Anlagen haben: Laut einer Untersuchung des Fraunhofer ISI besitzen 48 Prozent der Elektroautobenutzenden auch eine PV-Anlage.

Schon gewusst?

Im Jahr 2035 werden bis zu 30 Prozent des Bedarfs an Lithium, Nickel und Kobalt in der Batteriezellenproduktion aus dem Recycling alter E-Auto-Akkus gewonnen werden! Die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule in Aachen und die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers haben in einer Studie vorausgesagt, dass das Recycling von Akkus in Europa schon vor 2035 ein rentables Geschäft sein wird. Bis dahin sind aber gewaltige Investitionen in Milliardenhöhe nötig, um die Recycling-Industrie aufzubauen.

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