Mobilität on-demand

„Wir brauchen nur ein Fünftel der Autos“

Von Katharina Lehmann · 2024

Porträt: Andreas Knie, Sozialwissenschaftler
Andreas Knie, Sozialwissenschaftler und Professor für Soziologie

Moderne Mobilitätskonzepte nehmen sowohl die Bedürfnisse der Stadt- als auch der Landbevölkerung in den Blick, erklärt Andreas Knie, Sozialwissenschaftler am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH (WZB) und Professor für Soziologie an der TU Berlin.

Herr Prof. Knie, wie sieht denn die moderne Mobilität der Zukunft aus?

Die Mobilität der Zukunft passt sich den Bedürfnissen der Menschen an – und zwar aller Menschen. Das bedeutet, wir ordnen nicht mehr alles nur einem einzigen Verkehrsmittel unter, sondern fragen vielmehr: Wie kommen wir am besten von A nach B? Und da gibt es auf dem Land natürlich andere Bedürfnisse und Verhältnisse als in der Stadt.

Weil dort große Distanzen zu überwinden sind?

Genau. Auf dem Land ist das Auto immer noch das Mittel der Wahl. Und das wird auch auf absehbare Zeit so bleiben. Aber es muss ja nicht das eigene Auto sein. Statt auf privaten Wagen oder auch auf Busse, die oft nicht so fahren, wie die Menschen sie brauchen, sollten Kommunen auf gepoolte On-demand-Fahrten setzen, die die individuellen Wege verschiedener Menschen bündeln. Wer dann vom Dorf in die Stadt will – egal, ob morgens zur Arbeit, mittags zum Einkaufen oder abends zum Feiern –, bestellt sich ein Auto, das ihn abholt und auf dem Weg zum Ziel noch andere Menschen mitnimmt, deren Ziele in der Nähe liegen. Solche Autos können in einigen Jahren gerne auch autonom fahren. 

Ein solches Mobilitätskonzept wird derzeit ja eher in Städten getestet.

Auch hier bietet es Vorteile: Gerade in der Stadt stehen Autos zu 95 Prozent der Zeit herum – und zwar meist im öffentlichen Raum. Wenn autonome Fahrzeuge im Pooling-System mehrere Menschen gleichzeitig befördern, bräuchten wir nur etwa ein Fünftel der Fahrzeuge. Den frei werdenden Platz, zum Beispiel die Parkflächen, könnten wir anderweitig nutzen – für Begegnungsräume, Grünflächen oder Geh- und Radwege. Und die braucht es gerade im urbanen Raum dringend. Denn seit der Pandemie ist der Anteil der Wege, die zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden, stark angestiegen. Und sichere und gute Geh- und Radwege bewegen noch mehr Menschen zum Umsteigen.

Aber auch die Zahl der zugelassenen Pkws steigt.

Die Zahl der Autos ja: Im vergangenen Jahr waren 48 Millionen Pkws zugelassen – zwölf Prozent mehr als zehn Jahre zuvor. Mit diesen Autos fahren wir aber immer weniger. Die Menschen arbeiten öfter im Homeoffice, Konferenzen und Kongresse sind vielfach in die digitale Welt verlagert. Das alles führt dazu, dass die Fahrleistung immer weiter abnimmt. Diese Tendenz wird sich so schnell nicht umdrehen. Und trotzdem bauen wir immer weiter Straßen – Straßen, die wir in einigen Jahren nicht mehr brauchen werden. Jeden Tag versiegeln wir 30 Hektar nur für die Verkehrsinfrastruktur. Statt zu versiegeln, sollten wir aber Flächen, wo immer es geht, wieder entsiegeln. Das sorgt für mehr Grün und damit für bessere Luft. Die Straßen, die wir jetzt schon haben, verlangen eine immer umfassendere Instandsetzung. 

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